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Brief für Unternehmer und Freiberufler November 2015


Sehr geehrte Damen und Herren,


dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Trinkgelder sind auch in der Spielbank steuerfrei

2.

Verkauf fremder Ware ist unternehmerische Tätigkeit

3.

Änderung eines Steuerbescheids: Wann liegt arglistige Täuschung vor?

4.

Wann Gewinne aus Pokerturnieren steuerpflichtig sind

5.

Pflichtveranlagungsgrenze: Wann sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

6.

Falsche Beschuldigungen gegenüber dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

7.

Wohnungseigentum: Darf die Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

8.

Baum gefällt: Vermieter muss Kosten selbst tragen

9

Bearbeitungsgebühr für Kredit: Bei Geschäftskunden zulässig

10.

Wann darf eine Internet-Auktion vorzeitig abgebrochen werden?

11.

Auslandsführerschein: Fehlende Umschreibung kann teuer werden


1. Trinkgelder sind auch in der Spielbank steuerfrei

Zahlen Kunden einer Spielbank an die Saalassistenten für das Servieren von Speisen und Getränken Trinkgelder, sind diese steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.

Hintergrund

K war in einer Spielbank als eine Art Kellner (sog. Saalassistent) mit dem Bedienen der Spielbankkunden betraut; er gehörte nicht zum spieltechnischen Personal. Im Gehaltstarifvertrag der Spielbank wurden die freiwilligen Zuwendungen von Besuchern an die Saalassistenten als Trinkgelder bezeichnet, die arbeitstäglich zu erfassen und ausschließlich zugunsten der Saalassistenten zu verwenden sind. Die Saalassistenten erhielten aus dem Aufkommen monatlich vorab einen pauschalen Anteil, der Restbetrag wurde nach einem festgelegten Punktesystem von der Spielbank an diese verteilt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich dabei nicht um steuerfreie Trinkgelder gehandelt habe. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Zuwendungen seien nicht steuerfrei, weil sie dem Arbeitgeber zugeflossen und von diesem an die Arbeitnehmer gezahlt worden seien. Die Zuwendungen seien deshalb steuerpflichtiger Arbeitslohn.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab dem Kläger Recht; er betrachtete die Zuwendungen als steuerfreie Trinkgelder.

Seine Begründung: Bei den von den Spielbankkunden an die Saalassistenten über den Rechnungsbetrag hinaus gezahlten Geldern handele es sich um freiwillige Zahlungen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Zwischen dem Leistenden und dem Empfänger liege die für ein Trinkgeld typische persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung vor. Ein Trinkgeldannahmeverbot bestehe hier nicht. Auch wenn die Trinkgelder erst von der Spielbank an die Saalassistenten ausgezahlt würden, müsse von einer "Zuwendung durch einen Dritten" ausgegangen werden, weil der Arbeitgeber Spielbank lediglich als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Einnahmen eingeschaltet worden sei. Dieses Verteilungssystem sei vergleichbar mit einer "Poolung von Einnahmen", wie sie beispielsweise bei Richtfestgeldern oder im Friseurgewerbe üblich seien.

2. Verkauf fremder Ware ist unternehmerische Tätigkeit

Wer planmäßig, wiederholt und mit erheblichem Organisationsaufwand fremde Ware über das Internet in eigenem Namen verkauft, übt eine unternehmerische und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit aus. Das gilt auch für Pelzmantelsammlung der verstorbenen Schwiegermutter.

Hintergrund

Eine selbstständige Finanzdienstleisterin (F) verkaufte in den Jahren 2004 und 2005 über eine Internethandelsplattform mindestens 140 Pelzmäntel für insgesamt ca. 90.000 EUR an einzelne Erwerber. Nach den Angaben der F stammten die Pelzmäntel aus der privaten Pelzmantelsammlung ihrer verstorbenen Schwiegermutter, deren Haushalt sie auflöste. Die unterschiedliche Größe der verkauften Pelze begründete F damit, dass sich eine Kleidergröße "schon mal ändern könne". Der Verkauf einer privaten Sammlung sei keine unternehmerische Tätigkeit.

Das Finanzamt hielt das Vorbringen der F nicht für glaubhaft und setzte für die Verkäufe Umsatzsteuer fest.

Das Finanzgericht gab der Klage der F statt. Denn der Bundesfinanzhof hatte zu Briefmarken- und Münzsammlern entschieden, dass die Veräußerung als letzter Akt einer privaten Sammlertätigkeit selbst dann nicht zu einer Besteuerung als Unternehmer führe, wenn Erlöse in beachtlichem Umfang erzielt würden.

Entscheidung

Dagegen entschied der Bundesfinanzhof, dass F unternehmerisch tätig gewesen sei.

F habe keine eigenen, sondern fremde Gegenstände im eigenen Namen verkauft. Bereits deshalb sei der Streitfall nicht mit den vom Finanzgericht herangezogenen Urteilsfällen vergleichbar. Darüber hinaus seien Pelzmäntel – anders als Briefmarken oder Münzen – keine typischen Sammlerstücke, sondern Gebrauchsgegenstände. Mit der Verkaufstätigkeit eines privaten Sammlers habe die Tätigkeit der F somit nichts zu tun.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse stellt sich deshalb die Tätigkeit der F als unternehmerisch dar. F habe aktive Schritte zur Vermarktung der Pelzmäntel unternommen und sich dabei ähnlicher Mittel bedient wie z. B. ein Händler. Damit habe sie das maßgebliche Beurteilungskriterium dafür, dass eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt, erfüllt.

3. Änderung eines Steuerbescheids: Wann liegt arglistige Täuschung vor?

Hat der Steuerpflichtige seinen Sachverhalt im Veranlagungsverfahren vollständig offengelegt und im Einspruchsverfahren lediglich eine andere rechtliche Würdigung vorgetragen, kann das Finanzamt den bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid nicht mehr ändern. Denn es liegen weder neue Tatsachen noch arglistige Täuschung vor.

Hintergrund

Die Eheleute wurden für 2007 zusammen zur ESt veranlagt. Die Ehefrau (F) war bis 30.6 bei A und ab 1.7. bei B beschäftigt. F erklärte eine Bruttoarbeitslohn von ./. 20.201 EUR und Entschädigungen von 174.034 EUR. Ihre Arbeitgeber übermittelten dem Finanzamt elektronisch für 1.1. bis 30.6. einen Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980 EUR und einen ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn von 174.034 EUR (und v. 1.7. bis 31.12. einen Bruttoarbeitslohn von 6.920 EUR).

F reichte einen mit A geschlossenen Aufhebungsvertrag ein. Danach sollte sie wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6. eine Abfindung von 174.034 EUR erhalten, von der 50.017 EUR in eine Direktversicherung einbezahlt werden sollten. Außerdem reichte sie eine Bescheinigung der A mit einer Aufstellung der bescheinigten Summe in der Lohnsteuer-Bescheinigung ein. Danach hatte A die Einzahlung in die Direktversicherung bei der Berechnung des eingetragenen Bruttoarbeitslohn statt bei der Abfindung als Abzugsposten berücksichtigt und gelangte so zu einem Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980 EUR.

Bei der Einkommensteuer-Festsetzung wies das FA darauf hin, dass der Bruttoarbeitslohn 29.956 EUR betrage. Ein Abzug vom Bruttoarbeitslohn sei ausgeschlossen.

Dagegen legten die Eheleute Einspruch ein. Das Finanzamt half (durch eine andere Sachbearbeiterin) dem Einspruch mit Änderungsbescheid ab; dieser wurde bestandskräftig.

Später stellte das Finanzamt anlässlich bei einer bei A durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass die Beiträge zur Direktversicherung nicht mit der Abfindung, sondern mit dem Bruttoarbeitslohn verrechnet worden waren. Daraufhin erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid und berücksichtigte dabei – wie im ursprünglichen Bescheid v. 25.11.2008 – einen Bruttoarbeitslohn von 29.956 EUR und eine Entschädigung von 124.017 EUR.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da der Bescheid weder wegen neuer Tatsachen noch wegen arglistiger Täuschung habe geändert werden dürfen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigt die Auffassung des Finanzgerichts, dass die Voraussetzungen für die Änderung des bestandskräftigen Änderungsbescheids nicht vorliegen.

Der Bescheid konnte nicht wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen geändert werden. Denn dem Finanzamt waren bereits beim Erlass des Änderungsbescheids sämtliche für die Besteuerung maßgeblichen Tatsachen bekannt, nämlich der Auflösungsvertrag, die Abfindung, die Einzahlung in eine Direktversicherung sowie dass A in der Lohnsteuer-Bescheinigung die Einzahlung in die Direktversicherung bei der Berechnung des Bruttoarbeitslohns (statt bei der Entschädigung) als Abzugsposten berücksichtigt hatte. Auf die individuelle Kenntnis bzw. Unkenntnis der neu zuständigen Sachbearbeiterin kommt es dabei nicht an. Die abweichende rechtliche Würdigung ist keine neue Tatsache.

Auch eine Änderung wegen arglistiger Täuschung kommt nicht in Betracht. Zwar darf ein Bescheid geändert werden, wenn er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung usw. erwirkt worden ist. Unter arglistiger Täuschung ist die bewusste und vorsätzliche Irreführung zu verstehen, wie jedes vorsätzliche Verschweigen oder Vortäuschen von Tatsachen, durch das die Willensbildung der Behörde unzulässig beeinflusst wird. Das liegt hier nicht vor. Der schlichte Vortrag einer anderen Rechtsauffassung ist nicht arglistig oder in sonstiger Weise unlauter.

4. Wann Gewinne aus Pokerturnieren steuerpflichtig sind

Wer gelegentlich mit Freunden eine Partie Poker spielt, muss sich um die Besteuerung seines Gewinns keine Gedanken machen. Bei der regelmäßigen Teilnahme an Pokerturnieren mit hohen Preisgeldern sollte man allerdings bedenken: Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren können als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen.

Hintergrund

Der Kläger hatte über Jahre hinweg hohe Preisgelder aus der Teilnahme an Pokerturnieren (u. a. in den Varianten "Texas Hold´em" und "Omaha Limit") erzielt. Das Finanzamt hat diese der Einkommensteuer unterworfen. Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Einkünfte des Klägers aus Turnierpokerspielen einkommensteuerbar sind.

Entscheidung

Dieses Urteil hat der Bundesfinanzhof jetzt bestätigt. In der Urteilsbegründung haben die Richter erläutert, dass das Einkommensteuergesetz die Besteuerung weder in positiver noch in negativer Hinsicht an den Tatbestand des "Glücksspiels" knüpft. Soweit dieser Begriff in Vorschriften des Straf- oder Verwaltungsrechts ausdrücklich genannt ist, ist dies für die Beurteilung der Frage, ob in steuerlicher Hinsicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, nicht maßgeblich.

Zwar hat die ältere finanzgerichtliche Rechtsprechung eine "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" – eines der Merkmale des einkommensteuerlichen Begriffs des Gewerbebetriebs – verneint, wenn eine Tätigkeit sich als "reines Glücksspiel" darstellte (z. B. Lottospiel). Im vorliegenden Verfahren wurde aber durch Auswertung zahlreicher Quellen festgestellt, dass die vom Kläger gespielten Pokervarianten nicht als reines Glücksspiel anzusehen seien, sondern schon bei einem durchschnittlichen Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement zurücktrete.

Dies bedeutet nicht, dass jeder Turnierpokerspieler mit dieser Tätigkeit einkommensteuerlich zum Gewerbetreibenden wird. Vielmehr ist stets zwischen einem "am Markt orientierten" einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Betätigung abzugrenzen. Diese Abgrenzung findet aber vorrangig nicht bei einem Merkmal des "Glücksspiels" statt, sondern bei den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht, ggf. auch bei der erforderlichen Abgrenzung zu einer privaten Vermögensverwaltung. Diese weiteren Merkmale des einkommensteuerlichen Gewerbebegriffs waren im Fall des Klägers nach den Feststellungen der Vorinstanz aber ebenfalls erfüllt.

5. Pflichtveranlagungsgrenze: Wann sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

Positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften sind bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung die auf Ebene der Einkünfte zu berücksichtigen, und nicht erst als Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte.

Hintergrund

Der Kläger reichte seine Einkommensteuer-Erklärung für das Jahr 2006 am 16.8.2011 beim Finanzamt ein. Neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erklärte er Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. 2.110 EUR. Zum 31.12.2005 waren nicht ausgeglichene Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. 1.923 EUR festgestellt worden. Das Finanzamt nahm daher wegen Unterschreitens der Pflichtveranlagungsgrenze von 410 EUR eine Antragsveranlagung an und lehnte diese wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab. Der Kläger war dagegen der Meinung, dass eine Verrechnung des vortragsfähigen Verlustes erst vom Gesamtbetrag der Einkünfte zu erfolgen hat, sodass die Pflichtveranlagungsgrenze überschritten war.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, denn das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Der Verlustabzug muss bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte erfolgen. Dafür spreche, dass die Ausführungen zur Verlustverrechnung ausdrücklich in die Vorschrift über die privaten Veräußerungsgeschäfte aufgenommen und dabei ein Verlustabzug in anderen Kalenderjahren ausgeschlossen worden sei. Der Wortlaut der Vorschrift sehe ausdrücklich eine Verlustverrechnung mit den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften vor.

Diese Verlustverrechnung auf Einkunftsebene sei auch im Rahmen Veranlagung zu berücksichtigen, sodass im Streitfall eine Antragsveranlagung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist zum 31.12.2010 nicht mehr in Frage komme.

6. Falsche Beschuldigungen gegenüber dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

Mieter sollten ihren Vermieter nicht beschimpfen und sich vor falschen Beschuldigungen hüten. Denn sonst darf der Vermieter fristlos kündigen.

Hintergrund

Der Vermieter einer hatte das Mietverhältnis fristlos gekündigt, weil die Mieterin gegenüber Dritten ehrverletzende Aussagen über ihn gemacht habe.

Konkret wirft der Vermieter der Mieterin vor, sich gegenüber weiteren Mietern im Haus zu seiner Person abfällig geäußert zu haben. Sie habe behauptet, er sei so geldgierig, dass man das auf keinen Fall dulden dürfe. Er würde Mieter abzocken und habe sie bei einem Besuch in der Wohnung sexuell belästigt.

Die anderen Mieter bestätigten die Darstellung des Vermieters.

Entscheidung

Die Kündigung ist wirksam.

Die Anschuldigungen der Mieterin sind derart massiv, dass dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, das Mietverhältnis fortzusetzen. Der Vermieter hat die Mieterin nicht provoziert oder sich sonst falsch verhalten. Die Mieterin hat völlig ohne Anlass falsche Behauptungen gegenüber den Mitmietern aufgestellt. Diese sind geeignet, die Ehre des Vermieters nachhaltig zu beschädigen.

7. Wohnungseigentum: Darf die Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

Entspricht die Aufnahme eines hohen Darlehens durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäßer Verwaltung? Das entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Hintergrund

Die Anlage, die aus 201 Einheiten besteht, wurde in den 1980er-Jahren errichtet. In einer Eigentümerversammlung im August 2013 beschlossen die Wohnungseigentümer, eine Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung durchzuführen. Die Kosten wurden mit 2 Mio. EUR veranschlagt.

Sie beschlossen, einen KfW-Förderkredit über 1.320.000 EUR aufzunehmen. Der Zinssatz belief sich auf 0 % und die Laufzeit auf 10 Jahre. Der restliche Betrag für die Sanierungsmaßnahme sollte über die Instandhaltungsrücklage aufgebracht werden.

Eine Wohnungseigentümerin hat gegen den Beschluss über die Darlehensaufnahme geklagt.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Zwar kann auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Im konkreten Fall hält der Bundesgerichtshof den Beschluss über die Kreditaufnahme allerdings nicht für ordnungsgemäß.

Im Wohnungseigentumsgesetz gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Gemeinschaft einen Kredit nur in besonderen Ausnahmefällen aufnehmen kann. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Wenn einzelne Wohnungseigentümer nicht zahlen, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Eigentümer oder eine Sonderumlage ausgeglichen werden.

Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Eigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen ist. Bei einem Darlehen hingegen lässt sich das Risiko, dass einzelne Eigentümer nicht zahlen können, nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich. Außerdem muss stets damit gerechnet werden, dass sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft durch Eigentümerwechsel ändert.

Vor der Beschlussfassung muss wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung erörtert werden. Dies ist im Versammlungsprotokoll zu dokumentieren.

Im vorliegenden Fall sah der BGH den Kreditbeschluss deshalb nicht als ordnungsgemäß an, weil aus dem Versammlungsprotokoll nicht ersichtlich ist, dass die Eigentümer über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden sind.

8. Baum gefällt: Vermieter muss Kosten selbst tragen

Lässt der Vermieter einen Baum fällen, darf er die dafür anfallenden Kosten nicht auf die Mieter umlegen. Denn diese Aufwendungen zählen nicht zu den Betriebskosten.

Hintergrund

Der Vermieter hatte einen Baum fällen lassen. Dieser war bei einem Sturm umgeknickt und teilweise auf das Nachbargrundstück gefallen. Für das Fällen des Baumes entstanden Kosten von fast 1.800 EUR. Diese hat der Vermieter anteilig in die umstrittene Betriebskostenabrechnung eingestellt. Damit waren die Mieter nicht einverstanden.

Entscheidung

Die Kosten für das Baumfällen durfte der Vermieter nicht als Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Die Kostenposition erfüllt nicht den Betriebskostenbegriff.

Kosten für das Baumfällen sind nicht mit regelmäßig wiederkehrenden Kosten wie z. B. der Reinigung des Öltanks etwa alle fünf Jahre oder dem regelmäßigen Rückschnitt von Bäumen und Sträuchern vergleichbar. Daher kann der Vermieter die Kosten, die anfallen, wenn er einen Baum fällen lässt, nicht auf die Mieter umlegen.

Das Entstehen derartiger Kosten ist für den Mieter überraschend und nicht kalkulierbar. Aufgrund der jahrzehntelangen Lebensdauer von Bäumen muss ein Mieter nicht damit rechnen, plötzlich und unvorhersehbar in einem Jahr mit Kosten für das Fällen belastet zu werden.

9. Bearbeitungsgebühr für Kredit: Bei Geschäftskunden zulässig

Verlangt eine Bank für die Bearbeitung eines Kredits Gebühren, kann dies gegenüber Geschäftskunden zulässig sein.

Hintergrund

Die Bank hatte mit einer im Handelsregister eingetragenen Gesellschaft im Jahr 2005 einen Kreditrahmen über 900.000 EUR vereinbart. Diesen Kreditrahmen konnte die Gesellschaft nach ihrer Wahl über 2 Kontokorrentlinien sowie über eine Avallinie in Anspruch nehmen. In dem Vertragsformular wurde eine nicht laufzeitabhängige, sofort fällige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 9.000 EUR festgeschrieben.

Im Jahr 2015 forderte die Klägerin die Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr. Diese sei nicht rechtsverbindlich vereinbart worden, weil es sich nicht um eine individuelle Absprache, sondern um eine einseitige Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen handle. Die Regelung beinhalte eine unangemessene Benachteiligung der Kundin, sodass sie unwirksam sei. Der Bundesgerichtshof habe im Jahr 2014 abschließend geklärt, dass die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten durch Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig sei.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts gelten die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze in erster Linie für Verbraucher und sind auf AGB, die gegenüber Kaufleuten benutzt werden, nicht ohne weiteres übertragbar.

Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass ein Teil des Kredits als Avallinie ausgewiesen sei. Ein solcher Avalkredit sei rechtlich als Kreditleihe zu qualifizieren. Hierfür könne die Bank auch ohne entsprechende Vereinbarung Zinsen und eine angemessene Provision verlangen.

Die Bearbeitungsgebühr sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Bank Bearbeitungsaufwand auch im Interesse des Kunden entstehe. Bei einem Kredit im Rahmen eines Handelsgeschäfts prüfe die Bank beispielsweise die Bonität des Kunden nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse des Kunden. Dieser sei zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet. Die Bonitätskontrolle durch die Bank diene daher auch der Selbstkontrolle des Kunden. Auch insoweit sei hier die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr nicht mit einer Bearbeitungsgebühr gegenüber einem Verbraucher zu vergleichen, bei dem die Bank die Bonitätsprüfung allein im eigenen Interesse vornehme.

10. Wann darf eine Internet-Auktion vorzeitig abgebrochen werden?

Hatte ein Anbieter beim Start einer Internet-Auktion eine fehlerhafte Vorstellung über ein Merkmal der Kaufsache, darf er die Auktion vorzeitig abzubrechen. Ein Kaufvertrag mit dem zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden kommt in diesem Fall nicht zu Stande.

Hintergrund

Ein Autobesitzer bot über die Internetplattform eBay sein Auto zu einem Startpreis von 1 EUR an. Die Auktion war auf 10 Tage angesetzt. Als sein Sohn einen Schaden am Katalysator des Autos feststellte, brach der Anbieter die Auktion vorzeitig ab. Der zu diesem Zeitpunkt Höchstbietende machte gegenüber dem Anbieter Schadensersatz geltend.

Entscheidung

Die Klage des Höchstbietenden auf Schadensersatz hatte keinen Erfolg. Das Gericht verneinte bereits das Zustandekommen eines Kaufvertrages.

Der Beklagte hat mit einem Startpreis von 1 EUR ein verbindliches Verkaufsangebot abgegeben, das innerhalb der auf 10 Tage angesetzten Laufzeit letztlich durch das höchste Gebot modifiziert werden sollte. Das Angebot stehe allerdings unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay werde dem Anbietenden das Recht eingeräumt, sein Angebot unter bestimmten Voraussetzungen vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen, beispielsweise wenn er sich bei Einstellen des Artikels geirrt habe oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer beschädigt wird oder verloren geht.

Die spätere Entdeckung eines bei Einstellen des Angebots versteckten Mangels wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausdrücklich geregelt. Dies ist nach Auffassung des Gerichts allerdings auch nicht erforderlich, denn die entsprechende Vorschrift erlaube den Ausstieg aus der Auktion allgemein für die Fälle, in denen der Anbieter sich geirrt habe. Ein solcher Irrtum sei auch dann gegeben, wenn die Kaufsache einen versteckten Mangel aufweise, den der Anbieter erst während des Laufs der Auktion entdecke. Ein solcher zur Angebotsrücknahme berechtigender Irrtum liege jedenfalls dann vor, wenn infolge eines zuvor nicht erkannten Defekts die Kaufsache nicht gebrauchstauglich sei.

11. Auslandsführerschein: Fehlende Umschreibung kann teuer werden

Eine ausländische Fahrerlaubnis muss in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschrieben werden. Ansonsten droht im Fall eines Verkehrsunfalls eine Regresspflicht des Führerscheininhabers gegenüber der Haftpflichtversicherung.

Hintergrund

Die aus Kroatien stammende Fahrzeugführerin, die in Deutschland lebte, hatte ihren kroatischen Führerschein nicht umschreiben lassen. Infolge eines von ihr schuldhaft verursachten Verkehrsunfalls, musste die Haftpflichtversicherung Schadensersatz an die Unfallgegnerin zahlen.

Nachdem die Versicherung erfahren hatte, dass die Versicherungsnehmerin lediglich die kroatische Fahrerlaubnis besaß, nahm sie diese auf Zahlung eines Teilbetrages des geleisteten Schadensersatzes in Regress. Die Versicherungsnehmerin widersetzte sich der Regressforderung.

Entscheidung

Das Gericht stellte sich auf die Seite der Versicherung.

Bei Verletzung bestimmter Pflichten durch den Versicherungsnehmer entfällt der Versicherungsschutz. Zu den Pflichten gehört u. a., dass ein Fahrzeug nur mit der vorgeschriebenen Fahrerlaubnis geführt werden darf. Verletzt der Versicherungsnehmer die Pflicht grob fahrlässig, so ist die Versicherung nach dieser Vorschrift berechtigt, die Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Einen Pflichtverstoß sah das Gericht darin, dass die Beklagte den kroatischen Führerschein nicht in eine deutsche Fahrerlaubnis hatte umschreiben lassen.

Die Einwendungen der Beklagten, dass die Umschreibung lediglich eine Formsache gewesen sei, überzeugte das Gericht nicht. Denn bei der Umschreibung werde die Echtheit des kroatischen Führerscheins und die Berechtigung des Inhabers hinsichtlich des Führens der Fahrerlaubnis geprüft. Damit sei die Umschreibung mehr als eine reine Formalität, vielmehr bringe sie sowohl für die am Straßenverkehr Beteiligten als auch für die Versicherung die Gewissheit, dass der Betreffende zu Recht im Besitz einer Fahrerlaubnis sei. Dabei habe die Beklagte zumindest grob fahrlässig gehandelt.

Der Beklagten half auch die Einwendung nichts, an dem Unfallgeschehen und der dadurch folgenden Eintrittspflicht der Versicherung habe sich durch die fehlende Umschreibung nichts geändert. Die Beklagte hätte nach Auffassung des Gerichts darlegen und beweisen müssen, dass der Unfall auch bei Innehaben der erforderlichen Fahrerlaubnis in gleicher Weise geschehen sei. Dies habe sie nicht getan.


Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.

 

Mit freundlichen Grüßen 

Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de